Die junge Disziplin Content Marketing spaltet die Gemüter: Ist die Produktion eines digitalen Magazins schon Content Marketing? Wieso gibt es überhaupt ein neues Wort für etwas, was doch eigentlich PR seit Anbeginn der Zeit abdeckt? Der Streit wird noch eine ganze weiter schwelen, bis eine allgemeingültige Definition des Begriffs zu aller Zufriedenheit gefunden ist. Ich habe nur eine Definition parat. Meine. Hier einige Antworten auf Fragen zum Thema Content Marketing.

Gerade lernen wir Content Marketing kennen. Nun ist plötzlich die Rede von Editorial Marketing. Was ist das nun wieder?

Editorial Marketing besteht aus zwei wesentlichen Elementen: Inhalte erstellen, Inhalte verbreiten. Bei der Erstellung ist es wichtig, zielgruppengerechte Inhalte zu produzieren. Und dies auf Basis von zuvor erhobenen Daten: Wer sucht was, wann und vor allem wie groß ist das Suchvolumen für bestimmte Begriffe rund um die Produkte und Dienstleitungen eines Unternehmens. Der Konsument soll Antworten auf seine Fragen bekommen. Nutzwert und Informationsgehalt stehen beim Editorial Marketing im Vordergrund, nicht werbliche Aussagen. Die Verbreitung erfolgt dann journalistisch – also nicht per Anzeigen, sondern voll integriert als redaktionelle Geschichte in passenden Medien.

Gibt es einen Unterschied zwischen Editorial Marketing und Content Marketing und wenn ja welchen?

Viele Content Marketing Anbieter legen den Fokus auf die Erstellung von Inhalten in firmeneigenen Blogs oder Magazinen. Wenn überhaupt, werden diese Themen dann per Anzeige ausgeliefert. Im Editorial Marketing ist das aber nur der erste Schritt. Denn die journalistische Verbreitung des Contents ist von entscheidender Bedeutung für den Erfolg der Maßnahmen. Gut platzierte Stories können erhebliche Besucherströme auf die eigene Website lenken, stärken neben dem möglichen Abverkaufsziel gleichzeitig Awareness und Branding von Marken und Unternehmen. Im Vergleich zum Content Marketing setzt Editorial Marketing auf die Kraft der guten Geschichte: Was für den Verbraucher interessant ist, hat auch eine Relevanz bei Journalisten. Editorial Marketing ist der Königsweg im Content Marketing: Die Geschichte muss so gut sein, dass Journalisten diese gern aufnehmen und verbreiten.

Wie lautet das Erfolgsrezept von erfolgreichem Content Marketing?

Messen. Steuern. Regeln. Und die Vernetzung von owned, earned und paid Media für signifikante Effekte, die sich nicht nur sehen, sondern eben auch messen lassen. Es reicht einfach nicht mehr, nur Inhalte zu erstellen. Wer viel Fisch fangen will, braucht neben einem schmackhaften Köder die technische Unterstützung vom Tiefenmesser Echolot. Und genau das bietet eine umfassende Keyword-Potenzialanalyse, aus der sich die Informationsarchitektur des Content Hubs und die nachfolgenden Themenpläne ableiten. Nach Erstellung und Verbreitung ist die Kontrolle und eventuelle Nachjustierung wichtig. Diesen Kreislauf haben wir aus den Mechaniken des Performance Marketings entwickelt.

Wie werblich darf Content im Content Marketing sein?

Content Marketing hat natürlich immer einen werblichen Hintergrund: Das werbende Unternehmen möchte in der Regel gern neue Kunden gewinnen oder bestehende Beziehungen festigen. Das geschieht mit „offenem Visier“ und klarem Absender. Content Marketing hat aber einen beratenden und unterhaltenden Ansatz, keinen verkäuferischen. Das „günstigste“ Produkt oder die „beste“ Dienstleistung wird hier nicht kommuniziert. Dafür sind die Shops oder eben Werbekampagnen zuständig.

Was ist perfekter Content?

Ich möchte gut beraten oder unterhalten werden. Ich lasse mich gern über bestimmte Themen informieren, lange bevor ich eventuell eine Kaufentscheidung treffe. Wenn ich dann leichtfüßig an ein Thema herangeführt werde, Argumente schlüssig und gut belegt sind, nehme ich ein Unternehmen als Absender dieser Infos positiv wahr und werde dies sicher beim Kauf berücksichtigen. Guter Content bringt mich weiter, macht mich schlauer oder beschert mir eine unterhaltsame Zeit. Perfekter Content ist so gut, dass ich ihn meinen Freunden empfehle und zum Beispiel über soziale Netzwerke teile.

Content Marketing, Native Advertising, Sponsored Posts – so manches, was Online-Werbung ist, kommt heute im redaktionellen Gewand daher und ist von diesem kaum zu unterscheiden. Die Grenzen zwischen Redaktion und Werbung werden immer durchlässiger. Wird dabei der Endverbraucher nicht für dumm verkauft und manipuliert?

Viele Konsumenten sind aufgeklärt und zu Recht durchaus misstrauisch, wenn es um Informationen geht. Schlecht gemachte Influencer-Kampagnen werden so schnell aufgedeckt. Auch als Redaktion getarnte platte Werbebotschaften entlarven sich schnell selbst. Zum Glück professionalisiert sich Content Marketing gerade sehr stark und setzt lieber Themen, anstatt mit Preisschildern und Selbstbeweihräucherung zu hantieren. Wer seine künftigen Kunden manipuliert oder gar für dumm verkauft, wird weder mittel- noch langfristig Erfolge erzielen.

Löst Content Marketing Werbung und/oder PR oder gar Journalismus ab? Oder ist das gar eine neue Form von Werbung, PR oder Journalismus?

Aufwendige TV-Spots oder coole Anzeigenmotive, aber auch die gute alte Pressemeldung sind feste Größen, daran ändert sich sicher nichts. Aber Content Marketing ist tatsächlich eine neue Werbeform, die ganz früh in der Customer Journey beginnt und sich von der Vorab-Information über den Kauf bis hin in die Loyalitätsphase erstreckt. Gutes Content Marketing kann viele Touchpoints mit dem Kunden erzeugen und so den langfristigen Erfolg eines Unternehmens nachhaltig stützen.

Wenn man das Ganze betrachtet stellt sich die Frage: Gibt es eigentlich noch unabhängigen Journalismus und ist dieser nicht (auch) durch Content Marketing gefährdet?

Eine unabhängige Presse ist nicht nur im politischen Bereich unabdingbar für unsere Demokratie. Der Journalismus und seine Redakteure sind dem Leser verpflichtet und nicht den Botschaften eines Unternehmens. Unternehmen dürfen sich aber unbedingt auch journalistischer Werkzeuge bedienen. Wo steht geschrieben, dass man Anzeigen buchen muss, um von der Zielgruppe gesehen zu werden? Heute kann jeder sein eigener Verleger sein, ohne zuvor in Druckereien oder Pressevertrieb zu investieren. Ein eigenes digitales Magazin kann schnell, kostengünstig und effizient zu großen Reichweiten führen. Hier müssen die Verlage in der Tat ein wenig um die bisher sicher geglaubte Meinungshoheit und eben auch um den wirtschaftlichen Erfolg fürchten. Das gilt allerdings in erster Linie für Verbraucherthemen, Politik und Nachrichten sind hiervon weitgehend unberührt.

Wie sollte man es mit der Transparenz in puncto Content-Quellen halten?

Es ist praktisch unmöglich, langfristig erfolgreich zu sein, wenn man permanent versucht, sich hinter einer Maske zu verstecken. Das muss man auch gar nicht. Gerade die landesweiten Leitmedien, aber auch viele kleine Redaktionen prüfen die Geschichten sehr genau, bevor publiziert wird. Wenn unsere Stories hier standhalten, freuen sich alle: Der Journalist über die gute Geschichte, der Kunde über eine gewinnbringende Kommunikation, der Leser über wertvolle Hilfestellung und Informationen und wir über eine erfolgreiche Arbeit.

Wir stellen eine immer größer werden Content-Flut in Deutschland fest, Agenturen und Werbungtreibende produzieren immer mehr Inhalte – die große Frage ist, ob die Verbraucher die wirklich wollen?

Es geht mir wie sicherlich jedem – ich mag keine irrelevanten Informationen. Ich strafe entsprechende Kanäle mit Nichtachtung. So laufen diese billigen Bemühungen schnell ins Leere. Früher oder später bemerkt jedes Unternehmen, dass eine ungesteuerte Contentflut nicht zu mehr Verkäufen führt. Und gerade im Contentbereich gilt: Wer billig kauft, kauft immer doppelt. Ich bemerke seit rund zwei Jahren eine Abkehr von Zwei-Euro-Texten. Viele Unternehmen haben erkannt, dass die Nutzung einer fundierten journalistischen Ausbildung viel eher zu messbaren Erfolgen führt als der schnell getippte Aufsatz eines Aushilfsschreibers. Ich erwarte, dass sich der Content Marketing Bereich noch weiter professionalisiert. Das sollte zu weniger, aber vor allem zu hochwertigeren Inhalten führen.

Ist Redaktion käuflich, nur eine Frage des Preises?

Das Thema der Anzeigenkopplungsgeschäfte ist ja kein neues Phänomen. Ich fürchte aber nicht, dass dies wirklich flächendeckend salonfähig wird. Eine gekaufte Redaktion, die Werbebotschaften unreflektiert journalistisch verbreitet, wäre angreifbar und würde sich auf Dauer sicher in der Leserschaft nachhaltig beschädigen. Auf der anderen Seite gibt es langjährig etablierte, saubere Beziehungen von PR und Redaktion – dieser Weg ist auch im Content Marketing der richtige.

Reichweite oder zielgruppenspezifische Kommunikation? Wohin geht die Reise?

Zielgruppe! Ein B2B-Unternehmen, das Software-Lösungen für Großbanken anbietet, muss sich nicht bei RTL oder in gedruckten Boulevard-Medien wiederfinden. Lieber zehn Zielkunden ansprechen, als an 10.000 Maybe-Kunden vorbei zu kommunizieren. Bevor man also Content Marketing startet, sollten im Sinne des Erfolges unbedingt die Ziele geklärt werden.

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