Michael Dunker

Interview: Wie glaubwürdig ist Content Marketing?

Die Zeitschrift New Business befragte mich zur Glaubwürdigkeit von Content Marketing. Hier das komplette Interview zum Nachlesen. Und endlich wird auch die Frage geklärt, ob Content nicht längst zur Massenware geworden ist…

Herr Dunker, Sie haben 2008 gemeinsam mit Andreas Fey Testroom als Spezial-Anbieter für Content Marketing ins Leben gerufen. Wie hat sich das Content Marketing seitdem verändert?
Inhaltlich und qualitativ hat sich eine Menge verändert. 2008 waren Corporate Publishing, Suchmaschinenoptierung und PR noch komplett getrennte Bereiche ohne viel Überschneidung. Heute wachsen diese drei Disziplinen immer mehr zusammen. Das ist sehr sinnvoll, denn vernetzte Kampagnen sind deutlich effektiver. Außerdem sehen wir einen massiven Trend zu mehr Qualität. 2008 kauften viele Unternehmen Content extrem billig ein. Aber eine professionelle Geschichte auf einer Din-A4-Seite kann eben nicht drei Euro kosten. Das haben die allermeisten Firmen begriffen. Das neue Qualitätsdenken tut der Branche und vor allem den Content Marketing-Kampagnen sehr gut.

Egal ob SEO-, PR- oder Werbe-Agenturen, heutzutage bieten fast alle Content Marketing an. Zudem schießen immer mehr Content-Spezialanbieter aus dem Boden. Wohin bewegt sich der Markt ihrer Meinung nach? Und wer hat die besseren Chancen?

Die besten Chancen hat sicherlich, wer mindestens zwei Welten miteinander verbindet. „Wir schrieben die besten Texte“ ist kein Alleinstellungsmerkmal, mit dem man sich absetzen kann. Wer aber geschickt Content-Erstellung und –Distribution mit einander verbinden kann, hat die Nase vorn. Gute Chancen haben Werbeagenturen, wenn sie sich mit technischem (SEO)-Knowhow verstärken. Wir haben gute Verbindungen zu allen drei Agenturarten und stellen fest, dass die technischen Anbieter noch am tiefsten in ihrer Nische stecken. Die PR-Agenturen hängen ebenfalls noch stark an den tradierten Mechanismen.

Den Content sollen die Konsumenten freiwillig rezipieren, kommentieren und teilen – und er soll dafür sorgen, dass sie einen Dialog mit der Marke starten. Und was ist in diesem Zusammenhang überhaupt wichtiger: die Verbreitung oder die Erstellung des Content?
Das eine ist ohne das andere kaum denkbar. Und dennoch fokussieren sowohl viele Agenturen als auch Kunden stark auf die Content-Erstellung. Das ist aber massiv zu kurz gesprungen. Was ist eine gute schon Geschichte wert, wenn sie niemand liest? Wir setzen voll auf die Spezialdisziplin Editorial Marketing. Denn die journalistische Verbreitung des Contents ist von entscheidender Bedeutung für den Erfolg der Maßnahmen. Gut platzierte Stories können erhebliche Besucherströme auf die eigene Website lenken, stärken neben dem möglichen Abverkaufsziel gleichzeitig Awareness und Branding von Marken und Unternehmen. Im Vergleich zum Content Marketing setzt Editorial Marketing auf die Kraft der guten Geschichte: Was für den Verbraucher interessant ist, hat auch eine Relevanz bei Journalisten. Die Geschichte muss so gut sein, dass Journalisten diese gern aufnehmen und verbreiten.

Content ist zur Massenware geworden. Viele sind der Ansicht, dass der Erfolg des Content Marketing wesentlich auch von der Content Promotion abhängt. Wie schätzen Sie die Situation ein? Wird bald die Content-Blase platzen?
Ich glaube nicht wirklich an eine Blase. Sehr wohl aber an eine notwendige Marktbereinigung, bei der sich die Spreu vom Weizen trennt. Denn Inhalte dürfen eben keine beliebige Massenware werden. Schlechte Geschichten haben noch nie funktioniert. Und auch die geifernden Clickbaiting-Stücke haben ihren Zenit längst überschritten. Selbst Facebook geht jetzt per Algorithmus gegen die „Fünf schnelle Schritte zum Reichtum – Punkt drei hat mich umgehauen“-Storys vor. Im Content Marketing hat diese Technik ohnehin nichts zu suchen. Vollmundige Versprechungen im Teaser führen unweigerlich zur Produktenttäuschung. Davor sollte sich jedes werbetreibende Unternehmen hüten.

Wie sieht es mit dem Thema Glaubwürdigkeit beim Thema Content Marketing aus? Immer wieder steht dabei der Vorwurf mangelnder Transparenz im Raum. Der werbliche Charakter werde verschleiert. Wie sollte Transparenz idealerweise aussehen?
Ganz klar: Professionelles Content Marketing geht offen mit dem Absender um und besetzt klug Themen, anstatt mit Preisschildern und Selbstbeweihräucherung zu hantieren. Wer seine künftigen Kunden manipuliert oder gar für dumm verkauft, wird keine Erfolge erzielen. Wenn Unternehmen etwas publizieren, müssen sie damit rechnen, geprüft zu werden. Etwa von der Zielgruppe selbst, von Kritikern oder eben den klassischen Medien. Es gibt auch gar keinen Grund, den Absender guter und nutzwertiger Texte im letzten Zipfel des Impressums zu verstecken. Eine globale Nielsen-Studie unter 28.000 Internetnutzern aus 56 Ländern ergab 2013: 58 Prozent der Befragten trauen „owned media“. Also den Botschaften, die ein Unternehmen auf seinen eigenen Websites absendet. Online-Banner liegen mit 33 Prozent abgeschlagen dahinter.

Wie sieht die Rollenverteilung von klassischer Werbung und CM aus? Inwieweit werden Content Marketing und klassische Werbung künftig stärker ineinandergreifen und mehr miteinander verzahnt?
Dieser Trend ist jetzt schon stark auf dem Vormarsch. Content Marketing kann ein wunderbarer Wegbereiter für die klassische Werbung sein. Beispiel: Über CM kann ein interessantes Thema gesetzt werden, zum Beispiel in Form einer repräsentativen Studie. Diese wird auf den eigenen Kanälen ausführlich publiziert und per Social Media und PR verbreitet. So holt man die Zielgruppe in die eigene Welt. Dann kann das Unternehmen mit der klassischen Werbung flankieren und die Zahl der Touchpoints erhöhen.

aus: New Business, 5.9.2016

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